Autor*innen: Kerstin Hübner, Viola Kelb
Als Instrument zur Förderung von Zugängen zu Kulturangeboten sind Kulturkarten in einigen Städten Deutschlands etabliert. Zudem gibt es in einigen europäischen Ländern landesweite Modelle. In der Regel adressieren sie Menschen mit geringem Einkommen und bieten Ermäßigungen oder kostenlose Eintritte zu kulturellen Veranstaltungen und Einrichtungen wie Museen, Theatern, Konzerten und anderen kulturellen Angeboten. Dazu gibt es bereits in Städten und Regionen Kooperationen von Kommunen und sozialen Trägern für Kulturkarten, die von verschiedenen Organisationen, Institutionen und Einrichtungen herausgegeben werden. 2008 wurde der erste Verein mit dem Namen „Kultur für Alle e. V.“ in Frankfurt am Main durch den Musikproduzenten Götz Wörner gegründet, zahlreiche gleichnamige Vereine gründeten sich nach diesem Beispiel.
Die im Rahmen dieser „Kultur für Alle-Bewegung“ entstandenen Kulturkarten nehmen als Zielgruppe überwiegend Erwachsene mit geringem Einkommen in den Blick. In einigen Städten wurden jedoch für jüngere Zielgruppen eigene Instrumente entwickelt, wie z. B. in Frankfurt am Main, Berlin, Stuttgart oder Hamburg.
Eine Kulturkarte soll den Zugang zu kulturellen Angeboten erleichtern. Dies geschieht in der Regel durch Vergünstigungen oder den kostenlosen Eintritt. Vielfach werden damit Bürger*innen adressiert, die finanziell benachteiligt sind. „Kulturkarte“ wird als Begriff für unterschiedliche Instrumente verwendet. "Kulturpass" ist ein weiterer gelegentlich gehörter Ausdruck.
Über die Finanzen hinaus sind auch weitere Barrieren in den Blick zu nehmen.
Kulturkarten sollen (meist vor allem: finanzielle) Barrieren abbauen, um mehr Menschen Zugänge zu Kultureinrichtungen und -veranstaltungen zu ermöglichen und damit Kulturelle Teilhabe zu fördern. Vielfach werden damit Menschen adressiert, die sich Eintrittskarten oder Teilnahmegebühren nicht oder nur schwer leisten können.
Bisher fokussieren Kulturkarten vor allem die Rezeption von Kulturangeboten wie Theatervorstellungen, Konzerte, Museen oder Lesungen. Kulturkarten zur Förderung aktiver Teilnahme an eigenen künstlerischen oder kulturpädagogischen Angeboten sind bisher noch wenig verbreitet.
Kulturkarten richten sich vor allem an in Armut lebende Erwachsene und Familien. Deshalb arbeiten Träger von Kulturkarten in der Regel eng mit den Sozialämtern der Städte und Kommunen zusammen. Es gibt aber auch Kulturkarten, die explizit die Altersgruppe von Kindern und Jugendlichen adressieren.
Bundesweit existieren unterschiedlichste Modelle, die entweder von Armut betroffene Menschen unterschiedlicher Alterskategorien oder „alle” Bürger*innen adressieren. Dabei variieren auch die Organisationsmodelle der Kulturkarten stark:
In Baden-Württemberg gibt es zunächst einmal den allgemeinen „Bildungspass Kultur“ des Kultusministeriums. Zusätzlich gibt es einige regionale/kommunale Angebote:
Wie die Nicht-Besucher*innenforschung aufzeigt (Renz 2016), eignen sich Preisreduzierungen oder -erlasse nicht dafür, die Gruppe der sogenannten „Nie-Besucher*innen” zu erreichen. Das heißt, um mit Kulturkarten-Initiativen wirklich neue Zielgruppen für die Kultureinrichtungen zu erschließen, sind Konzepte notwendig, die über die Finanzen hinaus auch weitere Barrieren in den Blick nehmen, allen voran die Barriere „Bildung“.
Wie es gelingen kann, durch erweiterte Kulturkarten-Konzepte Hürden zu überwinden, zeigen einzelne Kulturkarten-Beispiele in der Praxis bereits auf. So erweisen sich aufsuchende Modelle als sinnvoll, die innerhalb der Stadtteile gezielt Zielgruppen zu adressieren. Das „Kulturlotsen“-Modell in Osnabrück (KAOS e. V.) setzt auf persönlichen Kontakt zwischen Kulturkarteninhaber*innen und ehrenamtlichen Scouts, die diese zu Kulturveranstaltungen begleiten und damit helfen, Hemmschwellen zu überwinden.
Hürden wie Bürokratie, Scham und Stigma scheinen den aktiven Gebrauch der Kulturkarten häufig zu verhindern.
Das gilt insbesondere dann, wenn sie auf Kultureinrichtungen und dortige -veranstaltungen zielen. Diese Hürden, insbesondere die „Hürde des ersten Besuchs“, können vor allem im Rahmen persönlicher Begleitung überwunden werden.
Kulturkarten fördern kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen besonders gut, wenn sie:
Ein gutes Beispiel für eine beteiligungsorientierte Umsetzung von Kulturkarten für Jugendlichen bietet der Kulturpass Stuttgart.
Einige Beiträge zu aktuellen Kulturpass-Umsetzungen:
Viola Kelb (2022): KulturKarten als Weg zu mehr Teilhabe? Gelingensbedingungen und Herausforderungen von Kulturkarten. Expertise. Hg. v. Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Köln/Berlin. (letzter Zugriff am 18.09.2023)
Viola Kelb (2023): Kulturkarten für Jugendliche können mehr! Ein Plädoyer für vielschichtige Modelle kultureller Teilhabeförderung. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE. (letzter Zugriff am 13.09.2023).
Thomas Renz (2016): Nicht-BesucherInnen öffentlich geförderter Kulturveranstaltungen. Der Forschungsstand zur kulturellen Teilhabe in Deutschland. In: Wissensplattform Kulturelle Bildung Online. (letzter Zugriff am 18.09.2023)
Nora Wegner, Tom Schößler (2019): Evaluation des freien Eintritts in Dauerausstellungen für die badenwürttembergischen Landesmuseen und das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe. Im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. (letzter Zugriff am 18.09.2023)
Nächstes Thema
Mehr davon? Entdecken Sie hier ein weiteres Themendossier: Audience Development